4. Europameisterschaft
Dreiband der Damen von 12. bis 14. August 2011 in Faches-Thumesnil (Lille),
Frankreich
Die Fachzeitschrift "billard"
(Nr. 238, Originaltext) berichtete:
Thérése
Klompenhouwer war natürlich die haushohe Favoritin dieser
Europameisterschaft, denn sie hatte nicht nur alle drei zuvor
ausgetragenen Titelkämpfe gewinnen können, sie kam diesmal mit besonders
viel Selbstvertrauen zur EM. Kurz zuvor hatte sie ein hochkarätig
besetztes Damenturnier in New York klar gewonnen und dabei Weltmeisterin
Orie Hida deutlich besiegt. Die weiteren Medaillenkandidatinnen waren
Gülsen Degener (T), die beiden Niederländerinnen Gerrie Geelen und
Karina Jetten und die erfahrene Belgierin Danielle Le Bruijn. Allfällige
Außenseiterinnenchancen konnte man allenfalls noch ihrer jungen und
begabten Landsfrau Jaimie Buelens einräumen, und damit war der Kreis der
starken Spielerinnen umrissen, und um die beiden weiteren Plätze im
Viertelfinale bewarben sich alle anderen Spielerinnen, darunter
Österreichs Vertreterinnen Helga Mitterböck und Natascha Al-Mamar.
Gespielt wurde in der Kleinstadt Faches-Thumesnil bei Lille, Heimat
eines sehr rührigen Billardvereins, der immer wieder als Ausrichter
bedeutender nationaler Ereignisse in Erscheinung tritt.
16 Spielerinnen aus 8 Nationen waren am Start, die in vier Gruppen um 8
Plätze in der ersten KO-Runde kämpften. Wie schon in den letzten Jahren
wurde eine Art Satzsystem angewendet, mit einer Distanz von 12 Points
mit einem Aufnahmenlimit von 25. Erreicht nun keine der beiden
Spielerinnen das Spielziel innerhalb dieser 25 Aufnahmen, so gibt es
Nachstoß und damit sind unentschiedene Sätze und Partien möglich. Wir
haben daher in der Darstellung der einzelnen Matches pro gewonnenem Satz
2 Satzpunkte vergeben und bei einem unentschiedenen Durchgang 1 : 1
Satzpunkte.
Gruppe A:
Klompenhouwer setzte sich wie erwartet ohne Probleme durch und wurde von
Le Bruijn ins Viertelfinale begleitet, die bereits in Runde 1 das so
wichtige Match gegen die Dänin Marianne Mortensen gewann. Die deutsche
Meisterin Michaela Esser musste sich mit Teilerfolgen bescheiden.
Gruppe B:
Helga startete perfekt ins Turnier mit einem klaren Erfolg gegen die
spanische Meisterin Maria Isabel Romia. Die Gruppenfavoritin Gerrie
Geelen mühte sich zu einem Unentschieden gegen die Französin Céline
Jacques, brachte sich aber mit dem klaren Sieg gegen Mitterböck wieder
perfekt in Stellung. Romia bezwang Jacques, die hatte damit keine Chance
mehr, und sorgte in der letzten Runde dieser Gruppe für eine große
Überraschung, als sie Geelen mit 4 : 2 schlagen konnte. Damit zog sie an
Geelen vorbei und wenn dann auch noch Mitterböck gegen Jacques oben auf
bleiben konnte, dann war eine seriöse Medaillenanwärterin vorzeitig aus
dem Rennen. Helga nutzte ihre große Chance mit einem 5 : 1 gegen die
Französin und beendete diese Turnierphase sogar noch als
Gruppensiegerin. Ihr ganzes Interesse galt nun den Vorgängen in Gruppe
C, denn dem Reglement und der starren Einteilung zufolge musste sie im
Viertelfinale gegen die Zweite dieser Gruppe ran.
Gruppe C:
Mit Karina Jetten gab es die erwartet souveräne Gruppensiegerin, und
mit der Französin Christine Morel die designierte 4. Natascha Al-Mamar
und Jeanette Jensen (Dänemark) kämpften um den 2. Gruppenplatz im
Fernduell, nachdem sie sich im direkten Match unentschieden getrennt
hatten. Den Ausschlag für den Einzug ins Viertelfinale musste nun das
Ergebnis der beiden aus dem Spiel gegen Morel geben. Während aber Jensen
einen Satz gegen die Französin abgab, kam Natascha glatt durch und war
tatsächlich im Viertelfinale! Nun kannte Mitterböck ihre Gegnerin in der
Runde der letzten 8, es war ihre Landsfrau Al-Mamar und unser Verband
durfte jubeln. Die Siegerin in diesem Spiel, wer immer es sein würde,
war im Halbfinale und damit in jedem Fall auf dem Podium, da kein Spiel
um Platz 3 ausgetragen wurde – der BSVÖ hatte seine erste
Europameisterschaftsmedaille Dreiband/Damen sicher!
Gruppe D:
In Gruppe D gab es keine Überraschungen: Gülsen Degener, die
temperamentvolle Türkin mit Wohnsitz Berlin, holte sich den Gruppensieg
nach guter Leistung vor der jüngsten Teilnehmerin, der 23-jährigen
Jaimie Buelens aus Belgien. Die fiel leistungsmäßig gegenüber einer
Degener überhaupt nicht ab, hatte aber das Pech, nun auf Klompenhouwer
zu treffen. Mit Julie Dechamps gab es eine dritte Französin und mit Anja
Wijnen gar eine vierte Niederländerin im Turnier, beide konnten
allerdings in dieser Gruppe nichts ausrichten.
Viertelfinale:
Für Buelens kam es wie es kommen musste, sie hatte keine Chance gegen
Klompenhouwer. Dennoch war die Belgiern eine absolut positive
Erscheinung in dieser Europameisterschaft, sie sollte von ihrem Talent
her in der Lage sein, bereits beim nächsten Mal in den Kampf um die
Medaillen einzugreifen.
Karina Jetten, Silbermedaillengewinnerin der letzten Weltmeisterschaft,
schrammte hauchdünn am Ausscheiden vorbei. Der dritte Satz gegen Romia
endete unentschieden, womit eine Verlängerung notwendig wurde. Gleich
drei Verlängerungen waren notwendig, ehe sich die Niederländerin doch
noch durchsetzen konnte. Damit blieb vorerst eine Überraschung aus, die
folgte nun im Spiel zwischen Degener und Le Bruijn. Die Türkin legte
souverän los, musste aber den 2. Satz hauchdünn abgeben. Nun war
Nervenstärke gefragt, und davon hatte die Belgierin offensichtlich mehr
zur Verfügung. Keine Medaille also für Degener, sondern ein weiteres
Erfolgserlebnis für Le Bruijn. Im Duell der beiden Österreicherinnen
spielte Mitterböck eine ihrer Qualitäten erfolgreich aus. In den
wichtigen Partien ist sie bei aller Anspannung zumeist präsent und
erfolgreich, und so war es auch diesmal. Al-Mamar konnte nur im ersten
Satz Paroli bieten, im zweiten aber nicht mehr. Helga hatte ihre erste
EM-Medaille damit sicher! Gratulation und Anerkennung an sie und auch an
Natascha Al-Mamar, das Erreichen eines Viertelfinales bei einem
internationalen Großereignis ist ebenfalls ein toller Erfolg.
Halbfinale und Finale:
Nach dem nervenaufreibenden Sieg im Viertelfinale war nun für Jetten das
Turnier vorbei, gegen eine überragend spielende Klompenhouwer hatte sie
einfach keine Chance. Anders war es im zweiten Halbfinale, in dem
Mitterböck absolut ihre Möglichkeiten hatte, vor allem nach dem starken
ersten Satz. Dann kam ein Hänger im 2., in dem beide Kontrahentinnen
schwach spielten, allerdings mit dem besseren Ende für Le Bruijn. Im 3.
Satz war die Belgierin dann oben auf – egal, Helga hatte ihre Medaille
längst sicher, sie ist die erste Österreicherin, die in diesem
Turnierformat international groß angeschrieben hat.
Im Endspiel blieb Klompenhouwer ihrer Linie treu, auch eine Kämpferin
wie Le Bruijn war chancenlos; vielleicht hat sie auch gar nicht an die
Möglichkeit geglaubt, gewinnen zu können. Die 28-jährige Niederländerin,
Gastwirtstochter aus Nijkerk, holte sich ihr viertes Gold in Folge und
bestach mit einem neuen Rekord im Generaldurchschnitt; erstmals hat eine
Dame über 1 Durchschnitt gespielt.
Das allgemeine Niveau war durchschnittlich, eine sportliche
Weiterentwicklung im Damenbillard kann man leider nicht feststellen. Die
einzige Ausnahme betrifft Jaimie Buelens, denn die Leistung von
Klompenhouwer, so gut sie ist, stellt keine Überraschung dar. Sie wird
wohl auf Jahre hinaus, wenn nicht auf Jahrzehnte, die überragende
Spielerin sein. Das gilt auch im Vergleich mit der Japanerin Orie Hida,
die eine hoch begabte Spielerin ist, viel mehr leisten könnte, aber dazu
nicht die notwendigen Möglichkeiten hat. Mangels derer erlebt die
Japanerin momentan einen Rückschritt. Klompenhouwer dagegen verfügt über
einen Hintergrund, der ihr die ausschließliche Konzentration auf ihren
Sport erlaubt, sie ist die einzige professionelle Spielerin. Damit steht
sie allerdings auch unter permanentem Druck und ist fast zum Erfolg
verdammt. Sie wird finanziell unterstützt durch Sponsoren und den Staat.
Erfolge wie diese sind notwenig, um weiterhin durch das nationale
Olympische Komitee als Sportlerin der Kategorie A eingestuft zu werden.
Peter Stöger
|
Spiele |
MP |
SP |
Points |
Aufn. |
GD |
BED |
B.Set |
HS |
1.
Therese Klompenhouwer (Niederlande) |
6 |
12 –
00 |
24 –
00 |
144 |
141 |
1,021 |
1,500 |
3,000 |
8 |
2.
Danielle le Bruijn (Belgien) |
6 |
10 –
02 |
16 –
14 |
121 |
269 |
0,449 |
0,525 |
0,800 |
5 |
3.
Karina Jetten (Niederlande) |
5 |
08 –
02 |
15 –
07 |
105 |
196 |
0,535 |
0,705 |
0,800 |
4 |
3.
Helga Mitterböck (Österreich) |
5 |
06 –
04 |
15 –
09 |
111 |
249 |
0,445 |
0,634 |
1,000 |
6 |
5.
Gülsen Degener (Türkei) |
4 |
06 –
02 |
14 –
06 |
115 |
181 |
0,635 |
0,888 |
1,000 |
5 |
6.
Maria Isabel Romia (Spanien) |
4 |
04 –
04 |
11 –
11 |
99 |
250 |
0,396 |
0,446 |
0,800 |
3 |
7.
Jaimie Buelens (Belgien) |
4 |
04 –
04 |
08 –
10 |
78 |
133 |
0,586 |
0,888 |
1,333 |
8 |
8.
Natascha Al-Mamar (Österreich) |
4 |
03 –
05 |
07 –
11 |
58 |
191 |
0,303 |
0,380 |
0,500 |
5 |
9.
Gerrie Geelen (Niederlande) |
3 |
03 –
03 |
09 –
07 |
76 |
185 |
0,410 |
0,533 |
0,666 |
5 |
10.
Jeanette Jensen (Dänemark) |
3 |
03 –
03 |
07 –
09 |
66 |
172 |
0,383 |
0,483 |
0,750 |
4 |
11.
Julie Dechamps (Frankreich) |
3 |
02 –
04 |
08 –
10 |
61 |
185 |
0,329 |
0,280 |
0,600 |
3 |
12.
Marianne Mortensen (Dänemark) |
3 |
02 –
04 |
06 –
10 |
69 |
134 |
0,514 |
0,483 |
0,750 |
4 |
13.
Celine Jacques (Frankreich) |
3 |
01 –
05 |
06 –
12 |
64 |
197 |
0,325 |
0,293 |
0,500 |
5 |
14.
Michaela Esser (Deutschland) |
3 |
00 –
06 |
02 –
12 |
38 |
125 |
0,304 |
-- |
0,400 |
4 |
15.
Anja Wijnen (Niederlande) |
3 |
00 –
06 |
02 –
12 |
41 |
140 |
0,292 |
-- |
0,320 |
3 |
16.
Christine Morel (Frankreich) |
3 |
00 –
06 |
02 –
12 |
33 |
150 |
0,220 |
-- |
0,280 |
6 |
|