1. Europameisterschaft
Dreiband der Damen von 24. - 27.3.2005 in Manisa (Türkei)
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Dreiband
Die Fachzeitschrift "billard"
(Nr. 174, Originaltext) berichtete:
Therese
Klompenhouwer ist die erste Europameisterin im Dreiband!
Valencia kam im vergangenen Herbst die Ehre zu, Schauplatz der ersten
Weltmeisterschaft der Damen im Dreiband zu sein, mit dem Resultat eines
Sieges der Japanerin Orie Hida, der unbestreitbar besten
Dreibandspielerin der Welt. Sie führte ein ganz starkes japanisches Team
an, mit dem nur die Holländerin Gerrie Geelen mithalten konnte. Diese
erfahrene Spielerin galt nun auf Europaebene ebenfalls als eine der
ersten Medaillenanwärterinnen, gemeinsam mit ihrer jungen Landsfrau
Therese Klompenhouwer und der Türkin Gülsen Degener, die natürlich die
Hoffnungsträgerin des bekannt enthusiastischen türkischen Publikums in
Manisa war. Auch drei Österreicherinnen waren am Start, angeführt von
Staatsmeisterin Ingrid Englbrecht hatten auch Helga Mitterböck und
Elisabeth Grabner einen Startplatz erhalten, während etwa eine so
bedeutende Billardnation wie Frankreich darauf offensichtlich keinen
Wert legte. Gespielt wurde zunächst einmal in vier Gruppen mit je vier
Spielerinnen, wovon insgesamt acht die nächste Turnierphase erreichten.
Hier wurden dann zwei Gruppen gebildet, wobei sich die Gruppenersten und
-zweiten für die Kreuzspiele qualifizierten; die Siegerinnen daraus
bestritten das Endspiel, ein Match um den 3. Platz unterblieb, der wurde
beiden Halbfinalverliererinnen zugesprochen.
Das Turnier begann mit einem Kuriosum, nämlich mit der ersten Spielrunde
noch vor der Eröffnung! Folgerichtig wurde nach dem feierlichen Akt mit
der 2. Runde fortgesetzt. Ursprünglich war der Premierenbewerb auf vier
Spieltage anberaumt, wovon dann allerdings einer sozusagen gestrichen
wurde. Der Grund dafür war ein riesiges Volksfest, bei dem ganz Manisa
auf den Beinen war, und diese Stadt zählt rund 1 Million Einwohner. Bei
diesem Fest, es hat eine Tradition von 465 Jahren, werden von den
Dächern der Moscheen Zuckerl unter die Menschenmassen geworfen; den
glücklichen Fängern oder Findern soll das Glück bringen. Auch der
Vorsitzende des türkischen Parlaments gab dem Fest und dem Turnier die
Ehre, er gilt als zweiter Mann im Staat und stammt aus Manisa. Sein
Auftritt beim Turnier sorgte natürlich für Aufsehen und auch Unruhe,
denn in seinem Gefolge erschienen dutzende Zelebritäten und natürlich
jede Menge Sicherheitskräfte. Dafür aber war die Berichterstattung
gigantisch, die Zeitungen berichteten täglich und seitenweise vom
Turnier. Folgerichtig war dann auch der Publikumszuspruch in der
Finalphase des Turniers mehr als nur bemerkenswert.
Gruppe A:
Nicht nur Gerrie Geelen zeigte mit ihrem Auftaktsieg nach feiner
Leistung sogleich ihre Ambitionen, sondern erfreulicherweise auch Helga
Mitterböck, die die starke Tschechin Irena Michalkova mit 2 : 0 Sätzen
schlagen konnte. Das hatte man so nicht unbedingt erwarten dürfen, denn
Michalkova konnte schon bei der Weltmeisterschaft gut gefallen. Helga
legte damit einen soliden Grundstein für den Aufstieg in die
Zwischenrunde. In der Siegerrunde traf sie dann auf Geelen, kassierte
die fast unvermeidliche Niederlage und durfte dennoch mit der Leistung
recht zufrieden sein. Sie gewann nicht nur einen Satz, das konnte in der
Gruppenabrechnung noch wichtig werden, auch ihre Durchschnittsleistung
war durchaus brauchbar. Gleichzeitig schlug Michalkova die Türkin Günal,
die damit auch schon aus dem Rennen war. In der letzten Runde erfüllte
Geelen die Pflicht mit einem Sieg im Ausmaß von 2 : 1 gegen Michalkova,
womit Helga durch war, daran änderte auch eine Niederlage gegen die
bislang sieglose Günal nichts mehr. Die fiel mit 0 : 1 Sätzen kurios
aus, was folgenden Grund hatte: in dieser Turnierphase wurde auf 15
Punkte pro Satz mit einer Aufnahmenbegrenzung von 30 gespielt, was
erstens einmal ein Widerspruch in sich ist und dazu führte, dass die
beiden Damen die ersten Sätze mit 7 : 7 bzw. 9 : 9 jeweils unentschieden
spielten. Erst im letzten Durchgang setzte sich die Türkin durch, was
aber Mitterböck nicht mehr um ihren verdienten 2. Gruppenplatz brachte.
Diese Geschichte mit der Begrenzung soll aber nicht unkommentiert
bleiben, denn in Zukunft sollte man sich hier doch etwas anderes
überlegen. Es widerspricht dem Satzsystem, wenn es unentschiedene Sätze
oder gar unentschiedene Partien geben kann, dazu braucht man es nicht,
sondern nur dann, wenn man zwingend einen Sieger küren will.
Grundsätzlich wären die Mädels wohl besser bedient, wenn man sie auf
Distanz spielen ließe. Wie auch immer, die Gruppenfavoritin hatte sich
deutlich durchgesetzt und Österreich vorerst einmal eine Spielerin unter
den Top 8.
Gruppe B:
Mit Therese Klompenhouwer (NL) und Danielle Le Bruyn setzten sich hier
jene Spielerinnen durch, mit denen man gerechnet hatte. In der direkten
Konfrontation gewann die Holländerin mit 0.811 gegen 0.730, also in
einer Begegnung, die hohes Niveau hatte. Auch Elisabeth Grabner war in
dieser Gruppe zugange, sie konnte allerdings nichts bewegen und musste
das Turnier ohne Punkt- und Satzgewinn abschließen. Sie hatte ihr
mögliches Spielniveau in keiner Partie erreichen können, auch nicht
gegen die Dänin Nielsen, wo noch am ehesten ein Teilerfolg möglich
gewesen wäre.
Gruppe C:
Zur Freude der Türken setzte sich Sevda Karabulut gleich im ersten Match
sicher gegen die Spanierin Serramitjana durch, während Ingrid Englbrecht
und Jenny Holm (S) sich unentschieden trennten, wie es Vertreterinnen
neutraler Nationen auch zukommt. Beide Spielerinnen gewannen je einen
Durchgang und spielten den 3. Satz innerhalb der Aufnahmenbegrenzung
unentschieden, womit das Spiel insgesamt mit 1 : 1 Partie- und 1 : 1
Satzpunkten gewertet wurde....Im nächsten Durchgang setzte sich Holm
gegen Karabulut sicher durch, auch Ingrid gewann glatt gegen
Serramitjana, womit die in dieser Gruppe topgesetzte Spanierin auch
schon aus dem Rennen war. Im letzten Spiel ging es um den Aufstieg, mit
guten Chancen für unsere Meisterin. Ingrid hätte bereits ein
Unentschieden gereicht, es war allerdings die Türkin, die sich mit
Unterstützung ihrer bis zum Schluss ausharrenden Fangemeinde in einem
Spiel, das lange nach Mitternacht angepfiffen wurde, durchsetzen konnte.
Der späte Termin war eine Folge der Kürzung des Turniers um einen
Turniertag; um alle Gruppenspiele am ersten Tag durchzubringen, gab es
weder fixe Spielzeiten noch Tischzuteilungen, wenn ein Spiel beendet
war, folgte sogleich das nächste. Die Spielerinnen waren daher
gezwungen, stundenlang im Turniersaal zu verweilen, um nur ja nicht den
Spieltermin zu versäumen. So kann man sich natürlich nicht erholen,
irgendwann erlahmen dann halt die körperlichen und auch psychischen
Kräfte. Ingrid belegte den 3. Gruppenplatz, für sie war das Turnier
beendet.
Gruppe D:
Auch diese Gruppe bereitete den türkischen Zuschauern jede Menge Freude,
denn Gülsen Degener ließ von Anfang an keinen Zweifel an ihrem
souveränen Durchmarsch aufkommen. Keine ihrer Gegnerinnen konnte sie
wirklich fordern, am ehesten noch Michaela Esser (D), die ihr zumindest
einen Satz abnehmen konnte; es sollte der einzige in dieser ersten Phase
bleiben. Hinter der Türkin matchten sich drei Spielerinnen mit je 2
Partiepunkten, wobei Diane Wild (CH) und Maggy Bley (B) auch ein
identisches Satzverhältnis aufwiesen. Der Durchschnitt sprach für die
Schweizerin, die den Grundstein dafür im zweiten Spiel legte, das sie
mit sehr guten 0.681 Durchschnitt beendete. Das Turnier trat nun in
Phase 2 ein, in der die 8 Aufsteigerinnen im Kammsystem in zwei Gruppen
(E und F) eingeteilt wurden.
Gruppe E:
Die Europameisterschaft war nun in ihre entscheidende Phase eingetreten.
In der Ausschreibung wurde sie „Achtelfinale“ genannt, was so nicht
stimmt, da man unter einem Achtelfinale die Runde der letzten 8
versteht, die allerdings im K.o.-System gegeneinander antreten. In
Manisa handelte es sich vielmehr um ein Achterfinale, in zwei Gruppen,
das zur Ermittlung der Teilnehmerinnen an den Kreuzspielen diente.
Anders als in der Gruppenphase gab es nun keine Aufnahmenbeschränkung
mehr, womit es endlich keine sinnwidrigen unentschiedenen Sätze oder gar
ganze Partien geben konnte. Gülsen Degener erfüllte die Erwartungen des
türkischen Publikums weiterhin voll und ganz, sie gab einen einzigen
Satz in dieser Phase ab und setzte sich souverän vor Danielle Le Bruyn
durch, die damit eine Medaille bereits sicher hatte. Für die Belgierin
war das ein Erfolg, für Degener wohl nur eine weitere erfolgreich
absolvierte Zwischenstation, die war auf Gold aus. Für Holm und Wild war
das Turnier beendet, dennoch war für die beiden das Erreichen dieser
Phase ein sportlicher Erfolg, hatten sich doch beide in Hinsicht
Durchschnitt weiter steigern können.
Gruppe F:
Die Schlagerbegegnung in der ersten Runde dieser Gruppe lautete
Klompenhouwer gegen Geelen, die natürlich sofort gegeneinander antreten
mussten. Das Match war gut, wenn auch nicht überragend, und endete mit
einem 2 : 1 für die jüngere Spielerin, die zudem mit einer Serie von 9
brillieren konnte. Zeitgleich bot Helga Mitterböck eine feine leistung
gegen Karabulut, ein Sieg mit mehr als 0.500 Durchschnitt ist durchaus
beachtenswert. Damit wahrte sie zunächst einmal ihre Chancen aufs
Halbfinale, allerdings benötigte sie zusätzlich einen Sieg gegen eine
der beiden Holländerinnen. Der erste Anlauf dazu misslang, Klompenhouwer
dominierte in der Siegerrunde ganz eindeutig, und es nützte Mitterböck
in Wahrheit auch nichts, dass Geelen eine unerwartete Niederlage gegen
Karabulut bezog und nach zwei Partien noch immer ohne Punkte war. Wohl
war der Druck für die Holländerin noch größer geworden, denn sie musste
nun nicht nur Mitterböck schlagen, sondern gleichzeitig auf
Schützenhilfe durch ihre Landsfrau hoffen. Also auf einen Sieg von
Klompenhouwer gegen Karabulut. Helga, für die es in diesem alles
entscheidenden Match um eine Medaille ging, verkaufte sich wiederum gut,
ganz konnte sie Geelen allerdings nicht halten, die in zwei Sätzen mit
insgesamt 7 Punkten Vorsprung gewann. Der Ausgang der zweiten Begegnung
dieser dritten und letzten Runde war für sie egal. Dennoch, Helga
Mitterböck darf mit ihrer Leistung wirklich zufrieden sein, vor allem
hinsichtlich der Platzierung.
Kreuzspiele und Finale:
Geelen präsentierte sich weiter in guter Verfassung, sie schlug zur
Enttäuschung der Zuseher Degener recht sicher mit 3 : 1 Sätzen; das neue
Spielziel lautete nun „best of five“. Die Favoritin auf den Titel war
aber dennoch längst Therese Klompenhouwer, die Le Bruyn nach einer
souveränen Vorstellung mit 3 : 0 Sätzen und 1.000 Durchschnitt bezwang.
Sie nahm diesen Schwung ins Finale mit und gewann auch die zweite
Konfrontation mit ihrer Landsfrau, mit 3 : 1 und wiederum nach
ausgezeichneter Durchschnittsleistung (0.921). Die junge Holländerin ist
wohl das größte Talent in dieser Disziplin, vielleicht die einzige, die
vom Spielniveau wirklich mit einer Orie Hida mithalten kann. Es ist fast
überflüssig ihren Titel als „verdient“ zu bezeichnen, dafür sprechen die
sportlichen Tatsachen: sie hat alle ihre acht Partien gewonnen und mit
0.740 Generaldurchschnitt eine Leistung erbracht, die den anderen Damen
verwehrt ist. Europa hat damit eine Trumpfkarte, wenn es um die nächste
Weltmeisterschaft geht; auch Orie Hida kann sich ihrer Vormachtstellung
nicht mehr allzu sicher sein.
Das Turnier war ein gelungenes Billardsportereignis, auch der Aufbau hat
gepasst, die Spielerinnen werden es wohl geschätzt haben, eine
vernünftige Anzahl von Partien spielen zu können. Verbesserungsfähig ist
allerdings die Vorgehensweise in der ersten Gruppenphase, wo es aufgrund
der Aufnahmenbeschränkung zu unentschiedenen Sätzen und sogar Partien
gekommen ist. Das ist falsch und widerspricht dem Satzsystem, das ja
verwendet wird, um einen eindeutigen Sieger einer Begegnung zu
ermitteln. Will man dabei bleiben, so sollte man zumindest in dieser
ersten Phase die Satzdistanz auf 10 reduzieren, dafür aber die
Aufnahmenbegrenzung weglassen. Peter Stöger
|
MP |
SP |
GD |
BED |
B.Set |
HS |
Preisgeld |
1.
Therese Klompenhouwer (Niederlande) |
16 –
00 |
18 –
04 |
0,740 |
1,000 |
1,500 |
9 |
1.000,– |
2.
Gerrie Geelen (Niederlande) |
10 –
06 |
14 –
10 |
0,541 |
0,789 |
0,937 |
6 |
500,– |
3.
Gülsen Degener (Türkei) |
12 –
02 |
13 –
05 |
0,570 |
1,500 |
2,142 |
6 |
250,– |
3.
Danielle le Bruijn (Belgien) |
08 –
06 |
09 –
08 |
0,537 |
0,731 |
1,000 |
5 |
250,– |
5.
Yenny Holm (Schweden) |
07 –
05 |
08 –
05 |
0,431 |
0,535 |
0,714 |
5 |
100,– |
6.
Sevda Karabulut (Türkei) |
06 –
06 |
07 –
07 |
0,379 |
0,476 |
0,714 |
4 |
100,– |
7.
Helga Mitterböck (Österreich) |
04 –
08 |
05 –
08 |
0,388 |
0,505 |
1,071 |
4 |
100,– |
8.
Diane Wild (Schweiz) |
02 –
10 |
04 –
10 |
0,414 |
0,681 |
1,071 |
5 |
100,– |
9.
Ingrid Englbrecht (Österreich) |
03 –
03 |
03 –
03 |
0,309 |
0,366 |
0,433 |
3 |
100,– |
10.
Irena Michalkova (Tschechien) |
02 –
04 |
03 –
04 |
0,429 |
0,433 |
0,500 |
5 |
100,– |
11.
Michaela Esser (Deutschland) |
02 –
04 |
03 –
04 |
0,379 |
0,383 |
0,383 |
3 |
100,– |
12.
Michele Nielsen (Dänemark) |
02 –
04 |
03 –
04 |
0,344 |
0,389 |
0,535 |
3 |
100,– |
13.
Maggy Bley (Belgien) |
02 –
04 |
02 –
05 |
0,361 |
0,488 |
0,535 |
7 |
100,– |
14.
Gülhan Günal (Türkei) |
02 –
04 |
01 –
04 |
0,262 |
0,322 |
0,300 |
3 |
100,– |
15.
Marta Serramitjana (Spanien) |
00 –
06 |
00 –
06 |
0,311 |
--- |
--- |
3 |
100,– |
16.
Elisabeth Grabner (Österreich) |
00 –
06 |
00 –
06 |
0,273 |
--- |
--- |
3 |
100,– |
|